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Channel: Anarchistisch Libertär FREIE LINKE
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Forwarded from Snicklink unzensiert
the greatest psyop of all time.
"Mit anderen Worten: Das, was man der Anarchie andichtet, nämlich Gewalt und Chaos, geht gerade von Staaten aus, die vermeintlich Ordnung schaffen."

"Der Begriff „Anarchokapitalismus“, der gerne von Rechtslibertären herangezogen wird, suggeriert eine Freiheit vom Staat, meint aber nur die Freiheit der absoluten Ausbeutung von Mensch und Natur durch das Kapital, ohne die limitierende Kraft des Staates. Es ist ein Kunstbegriff, der die Unfreiheit maskieren soll, der alle Menschen durch ökonomische Zwänge ausgesetzt sind. Anarchie ist im Kapitalismus nicht möglich."

https://www.manova.news/artikel/ein-anderer-weg
Die Macht des Staates

Was nämlich den Staat zum Staate macht und was einen Staat dem andern bei allen übrigen Unterscheidungen gleichwertig an die Seite stellt, bleibt auch jedem Sozialistenstaat erhalten: der Ersatz der unmittelbaren Verbindung der Menschen untereinander durch die Überantwortung von Macht an Menschen zur Beherrschung von Menschen. Die Verneinung der Macht in der gesellschaftlichen Organisation ist das maßgebliche Wesensmerkmal der Anarchie, oder, um dieser verneinenden Erklärung die bejahende Form zu geben: der Anarchismus kämpft anstatt für irgendeine Form der Macht für die gesellschaftlich organisierte Selbstverfügung und Selbstentschließung der Menschen. Unter Macht ist jede Inanspruchnahme oder Einräumung von Hoheitsbefugnissen zu verstehen, durch die die Menschen in regierende und regierte Gruppen getrennt werden. Hierbei spielt die Regierungsform nicht die geringste Rolle. Monarchie, Demokratie, Diktatur stellen als Staatsarten nur verschiedene Möglichkeiten im Verfahren der zentralistischen Menschenbeherrschung dar. Wenn die Demokratie sich darauf beruft, daß sie dem Volksganzen die Beteiligung an der öffentlichen Verwaltung mit gleichem Stimmrecht für alle gewährt, so ist daran zu erinnern, daß gleiches Stimmrecht nichts mit gleichem Recht zu tun hat und daß die Aussonderung von Abgeordneten eben die Beteiligung der Aussondernden an der Verwaltung verhindert und ihre Vertretung durch einander ablösende Machthaber bedeutet. Wo es Vorrechte des Besitzes gibt, kann kein formales Gleichsetzen von Stimmen wirkliche Gleichheit schaffen, ebensowenig wo die Selbstbestimmung der Menschen sich durch Verleihung von Macht ablösen läßt. Macht beruht immer auf wirtschaftlicher Überlegenheit, und die Abschaffung wirtschaftlicher Überlegenheit bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung von Macht bewirkt unter allen Umständen das Bestreben derer, die über die Macht verfügen, sie durch Neugewinnung wirtschaftlicher Überlegenheit zu sichern. Jeder auch nur zeitweilige Gesetzgeber, sei er Landesoberster, Minister oder Parlamentarier, fühlt sich über diejenigen, denen er Vorschriften machen darf, emporgehoben, wird also, auch wenn er es vorher nicht war, Sachwalter einer vom Ganzen gelösten Oberschicht mit anderen, gesteigerten Bedürfnissen und Lebenszielen, hört auf, der Klasse anzugehören, die sich nach den Gesetzen und Vorschriften zu richten hat. Das zeigt sich schon bei den zentralistisch organisierten Arbeitervereinigungen. Hier wird eine beamtete Führerschaft mit dem Vorrecht ausgestattet, die Richtlinien für das Verhalten und die Verpflichtungen der übrigen zu bestimmen, es entsteht Befehlsgewalt, Obrigkeit, Macht. Dadurch entsteht weiterhin eine grundsätzliche Scheidung der Interessen mit der Folge, daß der Kopf der Organisation ein Eigenleben gegenüber den Gliedern führt und daß die Verwaltung der Organisation Selbstzweck wird und stets seine Bedürfnisse wichtiger nimmt als die Aufgaben, derentwegen die Organisation geschaffen wurde. Es liegt im Wesen der Macht, nicht nur ihre Erhaltung mit allen Mitteln zu verteidigen, sondern sich materiell und ideell immer stärker zu machen, ja, ihre Ausdehnung und Kräftigung als einzigen Inhalt allen ihrer Handlungen zugrunde zu legen. Menschen und gesellschaftlich lebenden Tieren ist das Machtstreben nicht angeboren. Erst jahrtausendelange Gewöhnung an Vorrecht und Entrechtung hat die Menschen, nur sie, zu dem Glauben gebracht, es sei in ihrer Natur bedingt, daß der Wettstreit um den Platz an der Sonnenseite des Daseins in der Form von Machtkämpfen geführt werden müsse. Gerade aber erst die Machtkämpfe haben mit der Spaltung des Menschengeschlechts in Herrschende und Beherrschte verursacht, daß es eine Sonnenseite und eine Schattenseite des Lebens gibt. Macht kann nicht sein, wo keine Ohnmacht ist. Wer nach Macht strebt, kann sein Ziel nur erreichen, indem er andere ohnmächtig macht. Die größte und umfassendste Macht der bisher erlebten Geschichte ist die vom Kapitalismus entwickelte Macht.
Zweck der halt- und grenzenlosen Kapitalshäufung ist jedoch keineswegs, dem Kapitalisten bloß ein Wohlleben zu verschaffen. Seine Absicht, in Reichtum zu leben und Aufwand zu treiben, läßt sich erreichen, ohne daß Milliardenwerte, ungeheure Ländereien, Bergwerke, ganze Industrieausbeuten unter die Verfügung eines Einzelnen zu gelangen brauchten. Der Großkapitalist rafft seine Güter durchaus nicht zusammen, um sich ein bequemes Leben zu schaffen; er verwendet im Gegenteil außerordentlich mühevolle Tätigkeit auf die Erhaltung, Vermehrung und Vervielfältigung seines Kapitals, obwohl er weiß, daß sich durch die Ausdehnung seines Eigentums an seiner Lebensführung gar nichts ändern wird und obwohl jede Vergrößerung seines Reichtums größere Anforderung an seine organisatorische Spannkraft stellt. Der Kapitalist weiß sogar, daß bei gerechter und natürlicher Bewirtschaftung der Erde im Sozialismus, bei gleicher Berücksichtigung aller in der Regelung des Verbrauchs, für niemanden, also auch für ihn nicht, eine Verarmung im Sinne von Mangel an Gütern und Freuden eintreten würde. Denn der Boden trägt, wenn er sozialistisch gepflegt wird, genügend, um guten Wohlstand für alle Menschen zu verbürgen, und wir kämpfen für die kommunistische Anarchie nicht, um den Reichtum, sondern um die Armut abzuschaffen. Der Kapitalist macht sich reich, um andere arm zu machen. Sein Antrieb zur Kapitalanhäufung ist nicht Habsucht, sondern Machtgier. Je mehr Menschen er durch seinen Reichtum in Armut treibt, um so mehr Menschen macht er sich hörig. Je ärmer jemand ist, um so abhängiger ist er, je abhängiger er ist, um so besser kann er beherrscht werden. Darum bleibt es sich auch für den arbeitenden Menschen ganz gleich, ob seine Arbeitskraft von einem Privatmann oder einer Ausbeutergesellschaft gedungen wird oder vom Staat. Dadurch, daß ihm der Ertrag seiner Leistung vorenthalten bleibt, wird Macht geschaffen, von der er abhängig ist. Die Staatsmacht braucht seine Armut genau so wie der Private, um durch sie Macht auszuüben. Die Macht des Staates ist aber gefährlicher als jede andere Macht, weil sie mit dem Anspruch auftritt, Ausdruck des allgemeinen Willens zu sein und die von ihr der Arbeit abgenommenen Reichtümer dem allgemeinen Nutzen zuzuführen. In Wahrheit dienen diese Reichtümer ausschließlich der Erhaltung des Staates selbst, das heißt der Macht der Obrigkeit, die die Ohnmacht der Regierten braucht. In der Erkenntnis, daß Macht, gleichviel wer sie ausübt, gleichviel zu welchem vorgegebenen oder wirklichen Zweck sie begründet wurde, Ausbeutung in sich trägt, ferner daß (...) und Zentralisation, gleichviel, welche sozialen Ziele sie sich gesetzt haben, Einrichtungen der Macht sind und also Ausbeutung betreiben müssen, stellt sich der Anarchismus die Aufgabe, die Macht als Form des gesellschaftlichen Lebens, demnach jede Art Staat von Grund aus zu zerstören und statt dessen die föderative Gemeinschaft Gleichberechtigter aufzubauen. Der oft erhobene Einwand, die Zerstörung der Macht setze durch ihre Vollzugsmittel doch wieder Machtanwendung voraus, beruht auf unklarem Denken. Die Worte Macht, Zwang und Gewalt bezeichnen nämlich völlig verschiedene Begriffe, deren Gleichsetzung und Verwechslung selbst schon in den Reihen der Anarchisten verheerende Irrtümer hervorgerufen hat. Gewalt ist ein Kampfmittel, das sich von andern Kampfmitteln wie Überredung, Überlistung, passiven Widerstand usw. gar nicht grundsätzlich unterscheidet. Die Behauptung, der anarchistische Gedanke sei unvereinbar gerade mit dem Kampf, der die Anwendung körperlicher Kraft oder ihre mechanische Verstärkung durch Waffengebrauch vorsehe, ist eine willkürliche Verfälschung des anarchistischen Gedankens. Wem Gewalt im Kampfe unangenehm ist, mag sie vermeiden, mit Anarchismus hat solche persönliche Geschmacksrichtung nichts zu tun. Da der Anarchismus den Kampf bejaht, kann er nicht eine Abstufung zwischen den äußeren Kampfformen vornehmen und eine Grenze ziehen, jenseits deren der Kampf verneint wird.
Auch die Anwendung von Zwang ist nicht allgemein im Widerspruch zu anarchistischem Verhalten. Ein im Kampf bezwungener Gegner muß selbstverständlich verhindert werden, den Kampf weiterzuführen. Ein sozialer Schädling muß genötigt werden, sich in die Notwendigkeit der gemeinsamen Lebensgestaltung einzufügen. Solche Verhinderung und Nötigung ist Zwang. Unzulässig im Sinne anarchistischer Auffassung werden Gewalt und Zwang erst, wenn sie im Dienste einer Befehlshoheit stehen, und daraus erklärt sich eben die oberflächliche Gleichsetzung der drei Begriffe, daß der Staat kraft seiner Macht den Alleingebrauch von Zwang und Gewalt für sich in Anspruch nimmt. Der Anarchismus ist gegen Staatsgewalt und Staatszwang, weil er gegen Staatsmacht ist. Um der Sauberkeit des Denkens willen muß aber unterschieden werden: Gewalt ist Kampfhandlung, bloßes Mittel zur Erreichung eines Zwecks; Zwang ist Maßregel im Kampf und Mittel zur Sicherung des erreichten Kampfzweckes; Macht ist ein Dauerzustand von Gewalt und Zwang zur Niederhaltung von Gleichheitsgelüsten, ist das von oben her verfügte Zwangs- und Gewaltmonopol der Herrschaft.“

(Erich Mühsam - Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus? (1932))

https://web.archive.org/web/20230402090947/https://www.anarchismus.at/anarchistische-klassiker/erich-muehsam/168-erich-muehsam-befreiung-der-gesellschaft-vom-staat
Freie Linke/Freie Linke Anarchisten auf der "Macht Frieden" Demo in München am 17.02.24

@FreieLinkeAnarchisten
Forwarded from Romana
Frieden für die Ukraine und für Russland

Samstag, 24. Februar 2024 um 13:00 Uhr
Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt


http://www.frikoberlin.de/
Forwarded from Dirkson Brummelbär
Freie Linke Anarchisten am 24.02. in Berlin auf der PALESTINE WILL NEVER DIE Demo.

STOP THE GENOCIDE
Ordnung und Freiheit
In Anarchie leben, in Anarchie wirtschaften heißt aber dem Leben und der Wirtschaft die Ordnung der Freiheit schaffen. Das nämlich ist die Erkenntnis der anarchistischen Lehre: es gibt keine Ordnung ohne Freiheit, und Staat und Zentralismus, Autorität und Macht sind nicht allein unvereinbar mit aller Freiheit, sie sind auch unvereinbar mit aller wirklichen Ordnung im lebendigen Gesellschaftsgeschehen. Was im vorigen als die Wesensform des Föderalismus zu bestimmen versucht wurde, kann im allgemeinen zugleich als die Organisation freiheitlicher Ordnung gelten. Unter Ordnung versteht der Sprachgebrauch die Innehaltung einheitlicher Gesichtspunkte im gesellschaftlichen Handeln. Wo Zentralismus, also die Regelung der Dinge nach obrigkeitlichen Anweisungen, waltet, unterliegen die Gesichtspunkte des gesellschaftlichen Handelns den wechselnden Nutzzwecken der Macht, ihre Einheitlichkeit ist daher nicht verbürgt. Das Ineinandergreifen der schaffenden Kräfte, die das einzige Merkmal lebendiger Ordnung ist, wird zur mechanischen Geschäftigkeit, zum Zwangsdienst zusammenhangloser Leistungen verdorben. Zusammenhanglosigkeit aber ist das Gegenteil von Ordnung, nämlich Unterordnung, Drill, Zucht, Unfreiheit, Knechtschaft. Eine geordnete Gesellschaft besteht durch verbundenen Willen der Menschen zur Erfüllung einheitlich erkannter, gemeinsamer Aufgaben, setzt also Gleichheit, Gegenseitigkeitsverpflichtung und soziales Verantwortungsbewußtsein jedes einzelnen voraus. Mit einem Wort: Ordnung im Sinne anarchistischer Auffassung kann nur wachsen aus der Selbstbestimmung derer, die Ordnung halten sollen. Ordnung aus Selbstbestimmung aber ist gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Freiheit.

Freiheit ist der Inbegriff alles anarchistischen Denkens und Wollens. Um der Freiheit willen sind wir Anarchisten, um der Freiheit willen Sozialisten und Kommunisten, um der Freiheit willen kämpfen wir für Gleichheit, Gegenseitigkeit und Selbstverantwortlichkeit, um der Freiheit willen sind wir international und föderalistisch gesinnt. Dennoch ist das Wort Freiheit in dieser Aufzeichnung eines Grundrisses des anarchistischen Weltbildes bis jetzt mit Bedacht vermieden worden. Das geschah, weil der Wille zur Freiheit so ursprünglich und tief in den Seelen der Menschen steckt, daß keine noch so autoritäre Lehre ohne die Anwendung des Freiheitsbegriffs und die Behauptung, sie sei die eigentliche Inhaberin des Freiheitsgedankens, auskommen kann. Sogar jeder Staat, sei er demokratisch, faschistisch oder bürokratisch regiert, beruft sich auf die Freiheit, wenn er Gesetze erläßt, Kriege führt und Gesinnungen unterdrückt. Alle Revolutionen werden unternommen, weil die Unfreiheit unerträglich geworden ist, und ihr belebender Kampfruf gilt immer der Freiheit. Aber noch alle Revolutionen sind verlorengegangen oder doch von dem Wege abgeglitten, den die Revolutionäre gehen wollten, weil das Verlangen nach Freiheit unerfüllt geblieben ist. Denn keine Partei, die sich an die Spitze einer Revolution stellt, um sich an die Spitze des Volkes zu stellen, das heißt, um die Macht über die Menschen zu ergreifen, geht in ihrer Freiheitswerbung je über das Versprechen hinaus, sie werde den Zustand beseitigen, in dem sich das Fehlen von Freiheit gerade in die Erscheinung setzt. Niemals erfahren ihre Anhänger in faßlicher Bestimmtheit, wie die verkündete Freiheit insgesamt beschaffen sein soll. Im besten Falle werden Freiheiten versprochen, die in einzelnen Punkten Erleichterungen gegen das Bestehende darstellen, nicht aber ein freiheitliches Gesellschaftsbild insgesamt zeigen.
Freiheit ist indessen nichts, was gewährt werden kann. Freiheit wird genommen und gelebt. Auch ist Freiheit keine Summe von Freiheiten, sondern die alle Lebensumstände umfassende Einheit der von jeder Obrigkeit und jeder Autorität gelösten Ordnung der Dinge. Es gibt keine Freiheit der Gesellschaft, wenn die Menschen in Unfreiheit leben. Es gibt keine Freiheit der Menschen, wenn die Gesellschaft unfrei, zentralistisch, staatlich, machtmäßig organisiert ist. Die Freiheit der Anarchie ist die freie Verbündung freier Menschen zu einer freien Gesellschaft. Frei ist der Mensch, welcher freiwillig handelt, der alles, was er tut, aus der eigenen Einsicht der Notwendigkeit oder Wünschbarkeit seiner Tat verrichtet. Die Voraussetzung dafür, daß jeder Mensch nur in freiwilliger Entschlossenheit das Seinige tut, ist eine Gesellschaft, die keine Vorrechte durch Macht oder Eigentum kennt. Alles Eigentum und alle ideelle Macht schafft Abhängigkeit, hebt somit die Freiwilligkeit aller in allem Beschließen und Handeln auf, ist also mit wirklicher Freiheit unvereinbar. Daher haben die Individualisten unrecht, wenn sie den Satz aufstellen, jeder Mensch habe den Anspruch auf Freiheit, doch ende dieser Anspruch bei der Freiheit des Nebenmenschen. Wo das Recht auf Freiheit nur den einzelnen irgendeine Schranke findet, besteht keine gesellschaftliche Freiheit. Wenn nämlich die Begriffe Freiheit und Freiwilligkeit völlig gleichgesetzt werden, kann die Freiheit des einen niemals durch die Freiheit des anderen beeinträchtigt werden. Andernfalls liefe ja die die Freiheit des Mitmenschen störende Handlung auf Inanspruchnahme eines Vorrechtes hinaus, es bestände also der Zustand der Macht und der Unterordnung. Wer jedoch Vorrecht und Macht ausüben will, ist dabei auf die Willfährigkeit von Mitmenschen angewiesen, handelt also selbst nicht mehr unabhängig. Auch hieraus wieder ergibt sich die vollständige Einheit von Gesellschaft und Persönlichkeit und die Richtigkeit der oben aufgestellten Behauptung, daß niemand frei sein kann, ohne daß es alle wären. Es bliebe noch der alte Einwand zu entkräften, daß die Freiheit der Menschen an der Erfahrungstatsache scheitere, die die Unselbständigkeit der meisten und ihr Angewiesensein auf einen Führer erweise. Abgesehen davon, daß die Unselbständigkeit der Mehrzahl das Erziehungsergebnis sämtlicher autoritären Mächte ist, die je Seelen und Arbeitskräfte der Menschen ausgebeutet haben, kann die unzweifelhafte Richtigkeit des Gemeinplatzes, daß es verschiedene Begabungen gibt, und daß für manche Erfordernisse Anweisungen geeigneter Sachkundiger zweckmäßig sind, als Beweis für die Naturbedingtheit gesellschaftlicher Unfreiheit nur von Leuten geltend gemacht werden, die unter dem Einfluß autoritärer Erziehung jeden Glauben an Freiheit verloren haben und selbst nach Macht streben. Wir Anarchisten verabscheuen eine Führerschaft mit Befehlsgewalt und auf Dauer gesicherter Wirksamkeit, also jede Staatsregierung, Beamtenschaft und Parteizentrale, jede Diktatur und jede Klüngelherrschaft. Aber wir leugnen weder die Nützlichkeit des Spielleiters im Theater noch des Vorsitzenden einer Versammlung oder des Kapitäns auf einem Schiff. Hier teilen persönliche Eigenschaften dem Geeigneten bestimmte Aufgaben in bestimmten Fällen zu. Im politischen Kampf und ebenso beim Aufruhr oder in der Abwehr bewaffneter Angriffe gilt dasselbe. Wie eine wandernde Herde dem Leittier folgt, das nicht gewählt ist, sondern voran geht, weil es sich die beste Witterung zutraut, aber ermüdet sogleich von jedem anderen Tier abgelöst werden kann, so verhält es sich bei den Menschen auch. Es gibt Wortführer, es gibt Rädelsführer, das sind Personen, denen gefolgt wird, weil sie am klarsten den Willen aller zum Ausdruck bringen oder am entschlossensten ans Werk des Handelns gehen. Führer ist, wer vormacht, nicht wer Gesetze gibt oder eine Gefolgschaft am Halfter hinter sich herzieht.
Führerschaft im Augenblick der Tat und ohne Anspruch auf Dauer und Verzicht der andern auf Urteil und Selbstbestimmung schließt keine Freiheit aus, solange die Freiwilligkeit der Diensteinteilung keine freiwillige Verknechtung bedeutet. Sie kann es nicht bedeuten, falls Freiheit und Freiwilligkeit immer als der umfassende Begriff für alle anarchistischen Gesellschaftswerte aufgefaßt wird. Es gibt keine Freiheit ohne Gleichheit, wie es keine Gleichberechtigung ohne Freiheit gibt. Völlige Freiwilligkeit ist nur möglich beim Bewußtsein wachster Selbstverantwortlichkeit und bei lebendiger Wege gesellschaftlicher Gegenseitigkeitshilfe. Gegenseitigkeit aber und Selbstverantwortung, Selbstvertrauen, Selbstbestimmung können nur gedeihen, wo die Freiwilligkeit die Triebkraft alles Lebens ist.

Anarchismus ist die Lehre von der Freiheit. Wo Ausbeutung ist, wo Macht ist, wo Autorität waltet, wo Zentralismus besteht, wo der Mensch den Menschen bewacht, wo befohlen und wo gehorcht wird, ist keine Freiheit. Die Zerstörung aller Obrigkeit, aller Vorrechte, aller Eigentums- und Versklavungseinrichtungen kann nur aus freiheitlichem Gemeinschaftsgeist erfolgen. Die staatlose Gemeinschaft freier Menschen - das ist Kommunismus, die Verbundenheit Gleicher in Freiheit, das ist Anarchie!

(Erich Mühsam - Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus? (1932))

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2024/06/26 05:25:37
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